Ich werde meine Preise jedenfalls nicht anheben
Hallo Heinz-Josef,
es ist immer die Frage,
wer etwas anbietet.
Wenn Du die Preisgestaltung davon abhängig machst,
dass Du alles in echt zusammenzählst: Holzsuche, Kaufen von Blanks, Bausätze, Fertigung,
eine vernünftige Oberfläche,
Verkaufskosten, Steuern incl. MwSt. und dann evtl noch etwas übrighaben,
damit auch die Maschinen bezahlt werden können,
dann sind diese Preise mit einem Stundenlohn von ca. 35-40 EUR netto sehr knapp ausreichend.
Gehst Du daran und sagst: ich mach es nur aus Spaß
und bietest Deinen Schreiber für 20 EUR an, obwohl der Blank schon 2 EUR gekostet hat,
der Bausatz weitere 8 EUR, Du an dem Stift nicht die Beschaffung und die Zeit der Herstellung und der Marktzeit rechnest,
dann würden Dir vom obigen Anbieter der realistisch rechnen muss und will,
mit Sicherheit keine frohen Blicke geschickt werden.
Was will man erreichen.
Will man mit Dumpingpreisen versuchen viele Schreiber an den Mann bringen,
wäre dass unser Stolz abends sagen zu können, ich habe 10 Stifte verkauft.
Ist es dann wirklich Genugtuung oder eher ein Verschleudern unserer Gabe, mit Freude und Können etwas herstellen zu können,
was nicht jeder kann.
Wäre es nicht genauso gut, nur 2 Stift verkauft zu haben , auch wenn man immer mit der Angst lebt: Hilfe ich werde gar nichts los, ich muss die Preise senken.
Ich finde es schade, dass wir Drechsler uns damit selbst preiswert machen,
so als könnten wir nur alltägliches.
Nichts anderes wird mit solchen Niedrigpreisen signalisiert.
Unter Drechslern versteht die Mehrheit der Bevölkerung immer noch eine Person, die es auf wundersame Weise fertig bringt,
Geländerpfosten gleichmäßig rund zu kriegen.
Das Drechseln aber auch nicht nur eine Kunst ist sondern auch Kunst erzeugen kann,
also etwas Außergewöhnliches, etwas Wertvolles,
dass sollte nicht in Ihrem Wert wieder dadurch zerrissen werden,
dass ich meine Arbeit selbst als preiswert darstelle und damit dem Käufer signalisiere,
dass meine Kunst denn so doll nun doch nicht ist und er nichts besonderes kauft.
Die Grenze zwischen dem, dass der Kunde meint ein preiswertes Produkt gekauft zu haben und dem,
dass er es billig erworben hat, ist schnell erreicht.
Ich kann das auch Dir so sagen, da ich auch einer von diesen "Bedenkenträgern" bin.
Werde ich etwas los, mit welchem Tiefstpreis kann ich die Scharen der Käufer anlocken,
ist es fair gegenüber den Anbietern, die richtig rechnen,
geht es gegen deren Würde.
Oder wo liegt die Grenze meiner Würde?
Es ist berichtigt zu überlegen, ob man Preise an das zu erwartende Publikum anpasst.
Schwierig wird es, wenn man an einem Markt von einem Kunden angesprochen wird,
der 1 Jahr vorher bei einem "besseren Markt" von mir einen Schreiber für 60 EUR gekauft hat
und diesen gleichen Schreiber, zwar mit anderem Holz hier nun für 25 EUR kaufen könnte.
Ich hatte besagte Preise an das zu erwartende Publikum "angepasst".
Da bleibt einem kaum ein Argument wenn der Kunde sagt, er bereue den Schreiber gekauft zu haben
da ich ihn damals als etwas einmalig Besonderes dargestellt habe.
Er fühlt sich übers Ohr gehauen.
Zu Recht. Nicht weil er damals 60 EUR bezahlt hat,
sondern weil er mit meinem "Anpassungspreis" von 25 EUR den Eindruck erfährt,
welches vermeintliche Billigprodukt er eigentlich erworben hat.
Mittlerweile habe ich mir angewöhnt (auch wenn es immer wieder neu schwer fällt)
meine Preise zwar moderat, aber nicht mehr preisgünstigst zu gestalten.
Und meine Preise bleiben bis auf ganz geringe Unterschiede durch die Holzart gleich.
Und das von Markt zu Markt. Die unterschiedlichen Marktgebühren bleiben mein Risiko, ich rechne sie nicht in die Preise ein.
Man kann das keinem "Wiederholungstäter" erklären, warum sich die Preise wandeln.
Und wenn ich dann nur 1 Schreiber verkaufe, kratzt mich dass nicht mehr.
10 Stück zu Dumpingpreisen würde mich eher verletzen.
Das gleiche System trifft zu auf Schalen, Dosen, Vasen usw.
Wenn sie einen Hauch eines Besonderen haben, sind auch sie es wert
so gesehen zu werden.
Massenware stelle ich nicht mehr aus. Das macht der türkische Olivenholzwarenhändler am Nachbarstand.
Auch zu lernen, dass man nicht mehr verkauft, nur weil der Tisch mit 100 Teilen vollgepfropft ist
und nicht mit 15 Teilen, die etwas darstellen und ihren Preis haben, war ein langer Weg für mich.
Meine Frau reist seit ein paar Jahren mit einigen Vorträgen durch Deutschland, die sie in den unterschiedlichsten Kreisen und Vereinen hält.
Diese Vorträge sind immer lebensbejahend und haben das Ziel ist, dass die Leute mit einem Lächeln nach Hause gehen.
Einer dieser Vorträge heißt: Weil ich es mir Wert bin.
Dem versuche ich zu folgen.
Und meine zwischenzeitliche Erfahrung ist: die Kunden merken dass.
Das hat als Resultat, dass einige Kunden damit abgeschreckt werden
und die anderen packen stolz auf Ihren Kauf ihren besonderen Schreiber ein.
Nicht leicht ist es, aber es geht
Liebe Grüße
KG