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Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Montag 27. Juni 2022, 15:05
von Peter G
Liebe Drechsler und -innen,

wir sind uns darin einig, dass die drei Tage im Freilichtmuseum Hessenpark trotz oder wegen der sommerlichen Temperaturen erfrischend, nützlich und motivierend waren. Der größte Gewinn hat eine soziale Dimension, ich meine damit das Wiedersehen oder erstmalige Kennenlernen gleichgesinnter Männer und Frauen. Dennoch wage ich die Idylle zu stören mit einigen kritischen Anmerkungen. Ich verbinde damit die Erwartung seriöser Erwiderungen und versichere, dass ich Widersprüche ertragen kann, ohne seelischcn Schaden zu nehmen.

Anmerkung 1: Ich bedaure sehr, dass bei der Verkündung der Preisträger die über alle Zweifel erhabenen Juroren keine Begründung für ihre Entscheidungen gegeben haben. War dies nicht geplant? Oder wurde es schlicht vergessen. Das Publikum hätte die Begründungen sehr interessiert und mit Gewinn aufgenommen und in der Folge in weiteren Gespächen reflektiert. Schade drum.

Anmerkung 2: Auch bei diesem Festival der Drechsler deutscher Zunge gemeinsam mit erfreulich vielen Gästen aus benachbarten Ländern war nicht zu übersehen die Lust an der Dekoration von Werkstücken, die an sich schön sind. Auffallend viele Hobbydrechsler nutzen das wachsende
Angebot an Werkzeugen, Maschinen und Materialien zur „Verschönerung“ ihrer Objekte. Der originäre Werkstoff Holz wird gefräst, beschnitzt, gefärbt, geflämmt oder ergänzt mit Werkstoffen, die dem Holz die Seele rauben (nicht immer, aber oft). Epoxidharz tilgt keine Holzfehler, sondern stellt sie in den Mittelpunkt. Der Wunsch, akrobatisch mit atemberaubenden Schneidtechniken zu glänzen, führt gelegentlich zur Nutzlosigkeit des Objekts: Am Ende stehen allgefällig geformte Hohlgefäße mit Öffnungen, an denen auch Mäuse scheitern. Apropos Mäuse: sehr populär sind offenkundig Ränder für Schalen oder Deckel mit Knöpfen, die an Mäuseschwänze erinnern.
Und was vermisse ich? Ich vermisse gedrechselte schlichte Gegenstände unseres Alltags. Möbel wie Tische und Stühle und Hocker, Küchengeräte aller Art, wie sie seit Jahrhunderten vornehmlich aus Linde allgegenwärtig waren... Löffel, Salatbestecke, schlichte Tabletts.
Mein Plädoyer für die ungeschminkten und deshalb stets schönen Dinge aus Holz schließt nicht aus, dass wird Drechsler neugierig und lustvoll Grenzen überschreiten und Objekte wagen, die niemand braucht, die Welt aber zum Staunen bringt: der kleinste Kreisel der Welt und die größte Kugel aus hartem Eichenholz etc.

Anmerkung 3: Ist nicht neu, sondern ein Beitrag von mir im „Blauen Forum“, den ich hier wiederhole.
„Ich vermisse den Respekt vor der unverbesserlichen Schönheit einer fein geschliffenen Holzoberfläche oder die Scheu, eine sauber geschliffene Holzoberfläche mit Farbpigmenten zu verändern, zu denaturieren oder zu verfälschen. Immer mehr Hobbydrechsler machen sich auf den Weg, um mit unterschiedlich gebundenen Pigmenten ihnen bislang verwehrte Effekte zu erzielen.
Die Resultate sind Objekte aus Holz, die aussehen, wie aus Stein geschnitten. Nicht immer werden auf der Drechselbank geformte Objekte attraktiver, wenn sie abschließend chemischen Prozessen ausgeliefert werden. Wenn also aus zeitgenössischer Eiche vermittels Salmiakgeist eine Eiche gezaubert wird, die wirken soll wie jene, die vor 11000 Jahren vom Gletscher-Schmelzwasser verwirbelt und schließlich tief im Urstromtal der Lahn versenkt wurde.
Meine Botschaft an dieser Stelle ist mal wieder die Erinnerung an Fritz Spannagels Ratschlag, die zugleich eine Mahnung ist: „In der Beschränkung zeigt sich der Meister“. Die auffällige Lust der zeitgenössischen Drechsler, mit Farben und holzfremden Materialien wie Epoxidharz zu experimentieren, erinnert mich fatal an die Handwerker der Spätrenaissance, des Barocks und der Kaiserzeit. Diese meinten, dass die Kunst vom Können alleine käme. Sie haben mit technischen Spielereien und sinn- und nutzlosen Kuriosiäten die „edle Drechslerkunst“ (Originalzitat Spannagel) lächerlich gemacht.
Also, übertreiben wir es nicht mit unpassenden Applikationen, Schnitzereien, gefrästen Strukturen, Brandmalereien und elektrischen Verzierungen, die keinen Sinn machen, allenfalls für den Drechsler riskant sind. In diesem Zusammenhang gestatte ich mir zwar keinen politischen, aber einen ästhetischen Seitenhieb auf unsere angelsächsischen Drechslerfreunde, die es immer wieder schaffen, alle nur denkbaren Formen, Materialien, Techniken und Farben in einem Objekt zu vereinen. Scheußlich, aber technisch makellos“.

Gestern erlebte ich in der Drechslerwerkstatt des Hessenparks den Besuch einer sechsköpfigen Familie. Eine volle Stunde hingen zwölf Augen an dem rotierenden Werkstück aus duftender Scheinzypresse, sechs Nasen schnupperten an den Spänen, die am Ende von der Mutter der Familie säuberlich aufgelesen und für ein Duftkissen verstaut wurden. Das älteste Kind, ein Bub, durfte stolz wie Bolle die Müsli-Schale fein schleifen und verriet schließlich, später auch mit Holz arbeiten zu wollen. Der Papa bestand darauf, die mittelgroße „ungeschmückte“ Schale kaufen zu dürfen. Ich gab nach und am Ende waren wir alle glücklich.

Freundliche Grüße von Peter Gwiasda

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Dienstag 28. Juni 2022, 06:15
von c.w.
die Menschheit ist schon lange dabei unnützen Kram zu erfinden.
wie z.B. die Landwirtschaft. wären wir Jäger und Sammler geblieben, wäre die Welt vielleicht noch in Ordnung. :lol: :lol: :lol:

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Dienstag 28. Juni 2022, 08:13
von Mephy
Guten Morgen Peter,

Beim Lesen Deines Betrages «Ein anstössiger Nachtrag zum DFT 2022» reagiert meine gespalten gedrechselte Seele. Für mich ist Drechseln immer (fast) rund und zeigt die Einzigartigkeit des Rohstoffes Holz in seiner ganzen Schönheit. Aber trotzdem gibt es auch andere Formen von Schönheit. Da kommen mir gedrechselte Säulen und Pylonen aus der Barock-Zeit in den Sinn, wenn ich staunend in einer Kapelle, Kirche oder Kathedrale vor glänzenden Marmorsäulen stehe, die zwar aus Holz gefertigt (gedrechselt), aber als Marmor gemalt wurden. Da kommt die Frage auf: Soll ich mich an der pseudo Steinmetzarbeit, an der Drechselkunst oder an der Malerei erfreuen? Nein, es ist der Gesamteindruck der anspricht oder abstösst. Genauso verhält es sich auch heutzutage. Die Schönheit eines Objekts wird erst durch den Unterschied zwischen gefallen und nicht gefallen wahrgenommen. Für den einen ist das Mausloch (Hohlgefäss) die künstlerische Herausforderung während für den anderen die Funktionalität fehlt. Für den einen ist der mit 1000 Volt eingebrannte Rohrschach Test in eine Holzschale ein Kunstwerk und für seinen Nachbarn ist es Brennholz. Genau diese Gegensätze machen doch unsere gemeinsame Passion Drechseln so interessant? Der eine mag es fein duchstochen und der andere grob und eichig. Würden wir uns nur nach Spannagel bewegen, hätten wir nur eine Formalität die nichts neues zulässt. Interessant ist doch auch zu sehen, dass unterschiedliche Kontinente auch unterschiedliche Techniken haben, von schneiden über bohren und schleifen zu schaben. Warum war die Vorführung von Eiko Tanaka so übervoll besucht? Weil andere Technik, andere Formen, andere Nutzung, andere Farben genau so begeistern und interessieren, oder vielleicht auch inspirieren. Durch die Vielfalt der Gegensätze differenziert Man(n) Frau sich. Genau so habe ich einen Spleen oder andere nennen es Fetisch: «Es wird nie eine Pfeffermühle sein». Warum muss Kunst immer eine Funktionalität haben oder funktionelles Kunst sein? Genau diese Gegensätze halten unser gemeinsames Interesse so lebendig. Warum unterscheiden sich eingegossene Farbstifte oder Kaffeebohnen in Epoxi zu 1000 Jahre alter Mooreiche? Weil wir beides mit unserer vorgefassten Meinung betrachten. Da kommt mir der Autovergleich in den Sinn; «Von Trabi zu Tesla», und doch fährt alles auf vier Rädern, das eine Auto gefahren von einem Sammler, das andere Auto gefahren von einem Fan.
Ich gestehe: Auch ich bin ein Fan von Spannagel, aber gerade darum wünsche ich mir die Gegensätze, damit ich meinen eigenen Weg beschreiten kann. Darum war für mich die gezeigte Vielfalt am DFT 2022 eine echte Bereicherung und hat keinen anstössigen Nachgeschmack.
Lieber Peter, auch wenn ich Deinem Beitrag voll zustimmen kann habe ich trotzdem eine gespaltene Sichtweise.

Gruss Daniel

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Dienstag 28. Juni 2022, 09:14
von Josch
:danke: für diesen schönen Austausch der Sichtweisen. Ich muss für mich feststellen, dass ich zur Ursprünglichkeit und dem rustikalen neige, aber Versuche mit Farbe oder eingegossenen Buntstiften (schon der Kinder wegen) nicht ausschließen möchte.

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Dienstag 28. Juni 2022, 10:20
von Drechselfieber
"Anstößiger Nachtrag" in diesem Fall weder anstößig noch nachtragend,
sondern ein Anstoß/Anregung zum Nachdenken über das Handeln.

Ich lese ungern, weil mein Gehirn Wörter und Texte nicht so gern speichert.
Habe hier trotzdem durchgehalten.

Die reine Lehre vom schön und sauber gearbeitetem Holz hat seinen Reiz, begrenzt aber die
Anzahl der Handwerker auf einen erlesenen Kreis. Nicht alle haben die Ausdauer und
das Talent dieses Ziel zu erreichen.

Über die kreativen Zugaben hat das Drechseln die Möglichkeit bekommen, einen grossen
Kreis anzusprechen und somit die jetzige Entwicklung getragen. Das "Drechselfieber" hat bei mir den
Ursprung in Beidem, der Sehnsucht fliegende Späne zusehen, wunderbare Oberflächen zu schaffen und meiner alten Leidenschaft der Malerei und dem kreatives Gestalten.

Also ohne diese Kombination gäbe es mich hier vermutlich nicht.

Wünsche euch weiter viel Freude beim Drechsel und Erfolg bei der Suche nach einer eigenen
unverwechselbaren "Handschrift" in der Formgebung und bei den kleinen Zugaben und "Mauselöchern".

Rechnen wir uns nicht auseinander und in diesem Beitrag möchte ich noch Beispiele für Peters
"Ursprünglichem Anstoß" sehen.

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Dienstag 28. Juni 2022, 12:48
von GentleTurn
Moin,

dieser Text ist auch im anderen Forum zu lesen. Er steht halt hier, weil nicht alle in beiden Foren lesen.


Ich kann es als (alter) Hobbyist durchaus verstehen, dass es zum einen eine Ausrichtung zum Traditionellen gibt und zum anderen neuzeitlich Innovatives den Vorzug gegeben wird. Aus meiner Sicht ist beides gleichberechtigt anzusehen. Ich erlebe das in anderen Bereichen ebenso.

Unsere Geschmäcker | Ansichten | Meiungen | Ausrichtungen | Philosophien | handwerklichen Fähigkeiten
prägen uns und unser Schaffen. Jeder auf seine Weise.

Was ich allerdings beim Anlegen von Maßstäben und Beurteilungen jeglicher Art zu Bedenken gebe, ist, dass es sich hier nicht um eine Jahrstagung des Verbandes des Deutschen Drechsler- und Holzspielzeugmacherhandwerks e.V. handelt, also Berufsdrechsler
http://www.drechslerverband.de/seite/32 ... sbild.html
sondern um das Drechsler-Forums-Treffen, also Hobbydrechsler,
https://dft2022.de/dft/ wo auch Profis mit dabei sind.
Was gut ist! Ich möchte hier keine falschen Gedanken aufkommen zu lassen.

Wobei ich davon ausgehe, dass ein professioneller Verband ebenso mit der Zeit gehen wird bzw. muss.
Wie lautet eine durch die Realität bestätigte Weisheit: "Wer nicht mit der Zeit geht, wird mit der Zeit gehen."

Ob mir letzteres gefällt steht auf einem anderen Blatt. Ich kann mich für traditionelles Handwerk durchaus begeistern.
Gleichwohl gibt es Modernes, was mir gefällt. Nicht alles, aber das muss es nicht.

Wer sich darüber negativ äussert, dass gewisse Dinge (nicht nur) auf der DFT fehlen (damit meine ich die angesprochenen "einfachen" schlichten Objekte traditioneller Handwerkskunst), der muss sich auch fragen lassen, wie er dazu aktiv hätte beitragen können, damit das nicht passiert? Wenn ich alle Beiträge in den Foren richtig gelesen und verstanden habe, sind dazu (nicht nur) die handwerklichen Fähigkeiten vorhanden...

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Dienstag 28. Juni 2022, 13:03
von PaRay
Servus zusammen,
folgenden Text hatte ich gestern schön im Gelben veröffentlicht. Da aber nicht alle Kollegen und Kolleginnen in beiden Foren unterwegs sind und hier der Beitrag von Peter auch Fahrt aufnimmt, gebe ich ihn auch hier zum Besten. Wer ihn schon kennt, mag ihn getrost überspringen.
Beste Grüße
Paul

Lieber Peter,
mit großem Interesse habe ich deinen Beitrag gelesen. Er erweckt in mir sowohl Zu-, als auch Widerspruch. Ich kann verstehen, dass es für Drechsler, Tischler, Schreiner und andere Holzwerker von altem Schrot und Korn um den Erhalt des Holzes reine Seele geht. Gerade der Hessenpark, mit seinen historischen Gebäuden, bietet die entsprechende Kulisse. Es ist auch nichts Falsches daran, traditionelles Wissen und Können zu erhalten. Auch die Schlichte Schönheit kann begeistern.
Seit je her haben die Menschen aber versucht, ihre Gebrauchsgegenstände zu verschönern. Ob Kerbschnitzereien an einer Dose oder Drechseleien an Stuhlbeinen und Geländerstäben, als Beispiel.
Was spricht dagegen, anstelle des Kerbschnitzmessers ein Strukturiereisen einzusetzen? – So lange man es nicht übertreibt.

Das Selbe gilt für Farben, Pigmente und andere Mittel die Oberfläche des Holzes zu verändern. Salmiak muss nicht per se schlecht sein, es kann auch dazu beitragen die Schönheit des Holzes, seiner Struktur, hervorzuheben und das Ganze ohne den Anspruch ein Mooreiche-Imitat schaffen zu wollen.

Ein echtes Reizthema ist hier das Epoxid- und Acrylharz.
Materialkombinationen hat es schon immer gegeben. Auf manchem irdenen Topf liegt ein gedrechselter Deckel aus Holz. Fehlstellen im Holz sind schon immer korrigiert worden. Nicht nur durch eingesetzte Holzstücke, sondern auch durch, teils abenteuerlichen, Mischungen aus Baumharz, Wachs und Pigmenten. Jeder Restaurator kann ein Lied davon singen. Warum also nicht eine Fehlstelle mit Epoxidharz füllen?

„Ja, aber, Epoxidharz drechseln ist was völlig anderes Thema“ höre ich da manchen sagen. Warum eigentlich?
Wer, bitte, legt denn fest, dass wir nur Holz drechseln sollen? In San Marino, Italien, wird Onyx gedrechselt und nicht nur in Volterra Alabaster. Dafür hat auch schon unser lieber Kollege Martin Adomat, alias Holzkopf, seine Werkstatt eingedreckt. Hätte ich eine mobile Drechselbank würde ich mich an Sandstein versuchen, nur nicht in meiner Werkstatt.

Warum also nicht auch Epoxidharz drechseln? Es ist voll recyclingfähig, im Gegensatz zu vielen Hölzern ungiftig und macht auch nicht mehr Dreck als Alabaster :-D

Runde Grüße
Paul

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Mittwoch 29. Juni 2022, 05:17
von c.w.
hallo Peter

wenn man sich aber die große Masse der deutschen Drechsler und Drechslerinnen ansieht
machen die doch genau das was du dir wünschst .

allerdings sind viele davon nicht sichtbar da sie nicht zeigen was sie so drechseln :-(
sah man ja auch beim Treffen im Hessenpark die Galerietische waren nur zur Hälfte gefüllt. :Sauer:
wäre vieleicht ohne Jury Bewertung anders gewesen.wer weiß.

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Mittwoch 29. Juni 2022, 09:48
von elektrolurch
Hallo

Für mich als Elektroniker ist Drechseln eine Form der Bearbeitung von Werkstoffen.
Wobei meiner Ansicht nach der Werkstoff egal ist.
Aber vielleicht mache ich es mir auch zu einfach und werde gefühlt von gelernten Drechslern nicht immer ernst genommen.
Das stört aber auch nicht weiter.
Ich möchte in meiner Freizeit gerne etwas kreatives schaffen, das drechseln bietet mir die Möglichkeit dazu.
Ich denke, Kreativität darf man nie begrenzen oder einengen, sonst sind schnell alle Wege gegangen und es entstehen nur noch Reproduktionen.
Wenn ein neue kreativer Pfad falsch/schlecht ist, erledigt sich das auch schnell von ganz alleine.
Ich denke so haben sich aus Holz drechseln weitere Formen ergeben und es werden weitere entstehen.
In diesem Sinne, drechselt was euch in den Kopf kommt, Hauptsache kreativ und schön.

BYe André

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Mittwoch 29. Juni 2022, 11:30
von Derfla
Hallo, zusammen.
Für mich bringt der Andre‘ es zu 50% auf den Punkt. Die anderen 50% orientieren sich sehr gern am Erhalten und Bewahren. Ich stelle mir den Architekten und Sachbuchautor Fritz Spannagel in unsere Zeit versetzt vor. Als Architekt würde er zweifellos dem Zeitgeist folgen und zeitgemäßes Handwerk in den Focus setzen - sicherlich auch geprägt durch die historischen Dimensionen die jedes Handwerk in den vergangenen Jahrhunderten durchlaufen hat. Meine Position in aller Kürze, damit Chefe nicht so viel lesen muss:… alles tun“um das Feuer zu bewahren“, aber gleichzeitig nicht vergessen, „die Flamme weiter zu tragen“, in Toleranz und Kollegialität unter uns.
Herzliche Grüße aus dem mäßig sonnigen Sauerland
Alfred

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Mittwoch 29. Juni 2022, 12:03
von Peter G
Meine geschätzten Freunde und Freundinnen des Holzes, der Werkzeuge, der Farben und Formen und der Verehrung der Arbeit mit den Händen,

eure Antworten zu meinem "anstößigen Nachtrag zum DFT 2022" haben mich wegen ihrer großen Ernsthaftigkeit erfreut. Deutlich wird in den Reaktionen eure Bereitschaft zur Selbstreflexion und die Lust zur Debatte über Sinn und Zweck unseres Hobbys.

Ich wünsche mir, dass wir in den Foren künftig in bester Absicht häufiger kommentieren, also präsentierte Werke begründet loben oder bemängeln. Das setzt bei uns allen die Fähigkeit voraus, Wertungen schadlos zu ertragen und nicht nachzutragen.

Noch ein Wunsch in diesem Zusammenhang: Ein Emoi/Smilie (oder wie diese Bildchen heißen) sagt außer Maulfaulheit oder Hirnleere nichts aus.

Und jetzt gehe ich in die angenehm kühle Werkstatt und grüße freundlich


Peter Gwiasda

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Mittwoch 29. Juni 2022, 16:54
von elektrolurch
Hallo zusammen

Ich schreibe ja zugegebenermaßen selten, aber ich mag es nun mal nicht wenn man polarisiert.
Ich finde es sollte jeder das drechseln was er will, ohne dass er am Ende bei einer Vorstellung seiner Produkte, von dem einen oder anderen Lager abgestempelt wird.
Ich kommentiere zum Beispiel nur dann wenn mich ein Objekt weckt und neugierig macht.
Dann schreibe ich das positive und wenn ich eine Idee habe das aus meiner Sicht negative.
Hier kam auch schon die Frage auf warum die Beteiligungen nicht mehr sind, vielleicht liegt es auch daran.
Wenn ein ambitionierter Meister seines Faches immer nach schönerem Holz und der perfekten Form z. B. einer Schale in Vollendung trachtet, ist das ehrlich bewundernswert.
Für einen gewöhnlichen Leser aber auch langweilig weil er die Nuancen nicht suchen will und nur Schalen sieht.

Drum lasst jeden leben und seid neugierig auf alles Neue, es könnte das schönste sein dass ihr je sehen werdet.

BYe André

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Mittwoch 29. Juni 2022, 18:53
von hawokle
Hallo Andre'
ich bin ganz deiner Meinung:
allerdings würde ich nach dem ersten Komma folgendes einfügen:

Ich finde es sollte jeder das drechseln was er will,

_ und in seiner Möglichkeit steht, es ausführen zu können _


ohne dass er am Ende bei einer Vorstellung seiner Produkte, von dem einen oder anderen Lager abgestempelt wird.
Ich kommentiere zum Beispiel nur dann wenn mich ein Objekt weckt und neugierig macht.

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Donnerstag 30. Juni 2022, 22:30
von knut
Einen schönen, guten Tag,

Peter hat "Anstöße" zu einem Meinungsaustausch gegeben. Bisher mit sehr interessantem, weil sachlichen Ergebnissen (hier).

Bei mehreren Rundgängen in der Ausstellung und dortigen Gesprächen mit anderen Besuchern standen meine Frau und ich vor der Frage: "Wie soll ich denn diese völlig unterschiedlichen Objekte miteinander vergleichen und nach welchen Kriterien in eine Rangfolge bringen?" Wie sind Komplexität der Herstellung, Schönheit des Holzes, Kreativität, Innovation, kombinierte Materialien, Funktionalität, Größe, Ironisches, Lustiges, Thematisches, Gebrauchswert, Nützliches, Schönes und Unnötiges, zusätzlich mit der persönliche Geschmacksbrille belegt, zu bewerten?

Ist das jetzt Kunst oder kann das weg

Wir hatten zu jedem Teil eine ganz persönliche Meinung und eine "Schublade".
Den "Publikumspreis" haben wir dann nach der Frage vergeben: "Was würden WIR uns zu Hause auf einen geeigneten Platz stellen".

Insofern fand ich es gut, dass die Jury auch in mehreren Kategorien bewertet und Preise vergeben hat.
Vielleicht habe ich selber kein eigenes Drechselteil in die Ausstellung gestellt, weil ich "nur" eine Schale, Vase, .... habe ?

Die Monatsaufgaben hier oder die "Teekannen-Ausstellung" beim DFT sind Beispiele dafür, ein Thema aus verschiedenen Blickwinkeln umzusetzen. Jeder wird "SEIN" Ergebnis gerne bei SICH ausstellen und freut sich über die Kreativität der Anderen, oder ?

Wie wäre es mal mit der Kategorie "Nützliches"?
So könnte bei passender Gelegenheit ein Bereich eingerichtet sein, in dem "nur" (zumindest teilweise) gedrechselte Gebrauchsgegenstände aus Holz, ohne Zierrat, gezeigt werden. Nein, keine Sammlung aus dem Freilichtmuseum, sondern neu hergestellt und zweckmäßig.
Vielleicht entdecken wir dabei eine Menge Teile im Haus, die man früher selber hergestellt, gepflegt, repariert und vererbt hat, einfach weil sie nötig waren?

Ich kenne einen Hersteller von Salatbestecken und Küchen-Utensilien (Bratenwender......) aus allen erdenklichen Holzarten. Jedes Mal frage ich an diesem Stand meine Frau, ob wir nicht unbedingt noch ein Salatbesteck aus Pflaume, Kirsche........brauchen.
Ich kann mich "stundenlang" an diesen Gebrauchsgegenständen freuen.

So, genug gesülzt; ich wünsche uns weiter viel Kreativität und Freude am Kunst-Hand-Werk.

Knut

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Freitag 1. Juli 2022, 06:35
von c.w.
danke Knut, für deinen Beitrag.
kleine Anmerkung am Rande :
ich finde ein Bild an der Wand sehr nützlich
denn es erfreut mich bei jedem Blick darauf. (grins)

und noch ein hinweis: warum schreibe ich recht wenig.(traurig)
ich hatte in der Schule in Deutsch eine 5 (lachen)
aber in Kunst eine 1 (lachen)

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Freitag 1. Juli 2022, 06:48
von Drechselfieber
Hallo Knut,

bei uns gibt es diesen Bereich:

Gebrauchsgegenstände
Nützliches für den Alltag

Re: Ein anstößiger Nachtrag zum DFT 2022

Verfasst: Montag 4. Juli 2022, 09:54
von Holtdreier
Lieber Peter

Du wiederholst Dich (Edit: in Bezug auf die Anmerkung 03), denn Du hast genau das Geschriebene ja bereits mit einem einzigen Werkstück, Deinem Wettbewerbsbeitrag, konkret zum Ausdruck gebracht. (Oh, das war ja anonym...) Und vielleicht hattest Du noch Anselm als Mitstreiter.

Ich persönlich finde, dass es so ist, wie die Geister, die man rief, nicht mehr los zu werden.
Vor einigen Jahren, vielleicht ein, zwei Jahrzehnten, da las ich und übernahm von einem Mann vom Taunusrand, die Vorstellung, dass sich die nichtprofessionelle Drechslerszene in Europa darüm bemühe, nahezu verlorengegangene Fertigkeiten und Techniken zu bewahren und neue zu ergründen und ästhetisches Bewusstsein aus dem Tal der vielen Banalitäten herauszuführen und auf ein angemessen hohes Niveau (zurück?) zu führen. Stimmt's?
Meiner Auffassung nach hat sich ganzheitlich gesehen dieses Ziel schon längst weitgehend erfüllt, nur das einige Beteiligte - und das ist doch ein wunderbares Kennzeichen von Kreativität und Kunst und aber auch von Fertigkeit - nach wie vor suchen, die Grenzen zu erweitern, sich Spielräume zu erschließen, Erwartetes zu konterkarieren und Neues zu schaffen.

Das mich das selber gar nicht reizt und ich schon vor der Jurierung traurig darüber war, dass die oben beispielhaft genannten tollen Beiträge keine Chance auf Platzierungen gehabt haben, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Holtdreier