Rätselhafte Lust, Kugeln zu drechseln
Verfasst: Mittwoch 4. Mai 2022, 08:58
Kugel zu drechseln ist gerade sehr populär und immer wieder eine handwerkliche Herausforderung. Aktuell ist sie förderlich für das Ansehen unseres Handwerks und gut für die Denkmalpflege, wie eine deutschlandweite löbliche Aktion von Hobbydrechslern belegt. Aus den Resten einer beim Frühjahrsorkan teilweise zerstörten Bockwindmühle im Weimarer Land drechseln sie massenweise Kugeln. Diese sollen mit Plaketten versehen und verkauft werden. Der Erlös wird für den Wiederaufbau der denkmalgeschützten Mühle eingesetzt.
Kugeln faszinieren seit Menschengdenken. Und dabei sind sie eigentlich recht langweilig, weil sie nur einen maximal gleichmäßigen geometrischen Körper ohne Ecken und Kanten darstellen. Und trotzdem oder gerade deshalb zieht uns dieser geometrische Körper an. Die immer noch unbekannten Ingenieure und Designer der natürlichen Schöpfung beglücken uns weltweit mit perfekten oder beinahe perfekten Kugeln wie Kürbisse, Weintrauben, Wassertropfen oder Kugelfische.
Und jetzt zur Sache: Mein hochgeschätzter Baumpfleger polterte unlängst den Kronenkern eines alten Boskoop-Apfelbaumes vor meinen Gartenzaun; der Baum war bereits von Insekten entrindet und als standdürres Exemplar fast trocken (20 Prozent Feuchte). „Mach' was draus“, war seine Empfehlung. Ich entschied ich mich für eine Kugel, obwohl ich heute immer noch nicht weiß, was ich mit ihr machen könnte. Denn Holzkugeln sind eigentlich überflüssig, es sei denn man ist wie Drechslermeister Klaus Reef Holzkugel-Einradfahrer.
Bislang habe ich die meisten Kugeln freihand gedrechselt. Diesmal nutzte ich eine Kugeldrehvorrichtung unseres Drechslerfreundes Manfred Kellerhans, eines hochtalentierten Metallers. (Achtung Werbeblock: Seine Vorrichtung ist nach meiner Erfahrung mit Abstand die beste auf dem Markt, präzise, stabil und einfach zu bedienen). Bevor ich den vielfach verwachsenen und verästelten Holzklotz mit der Vorrichtung zur Kugel schneiden konnte, habe ich den Rohlíng grob zwischen den Spitzen vorgeformt. Die Fotos erklären den Rest.
Am Ende habe ich gelernt: Vorrichtungen dieser Art sind nützlich, fördern aber nicht meinen Ehrgeiz, mit Augen und Händen eine Kugel ohne Ecken und Kanten zu schaffen. Die Schneiden der Vorrichtung berücksichtigen nicht die wechselnden Fasern des Holzes; die Oberflächegüte ist schlecht, weil nur an wenigen Stellen geschnitten wird. Wenn ich freihand arbeite, verändere ich fortwährend je nach Wuchsrichtung die Stellung der Röhre. Die Lehre lautet: Mit einer Vorrichtung muss ich anschließend stark abrasiv schleifen, notfalls mit oszillierenden Schleifkörpern (und riskiere dabei, die Kugel wieder zu verfälschen). Und schneller geht es auch nicht, allein wegen des Umspannens.
Bei der Abwägung von Kugeln freihand oder Kugeln mit Zwangsführung sollte immer beachtet werden, dass auch die perfekte Kugel sich je nach Wetterlage und klimatischem Standort zur nicht mehr perfekten Kugel verzaubert. Aber der Zauber bleibt in jedem Fall.
Noch etwas: Die Kugel hat einen Durchmesser von 315 Millimeter. Gewogen habe ich sie nicht.
Grüße von Peter Gwiasda
Kugeln faszinieren seit Menschengdenken. Und dabei sind sie eigentlich recht langweilig, weil sie nur einen maximal gleichmäßigen geometrischen Körper ohne Ecken und Kanten darstellen. Und trotzdem oder gerade deshalb zieht uns dieser geometrische Körper an. Die immer noch unbekannten Ingenieure und Designer der natürlichen Schöpfung beglücken uns weltweit mit perfekten oder beinahe perfekten Kugeln wie Kürbisse, Weintrauben, Wassertropfen oder Kugelfische.
Und jetzt zur Sache: Mein hochgeschätzter Baumpfleger polterte unlängst den Kronenkern eines alten Boskoop-Apfelbaumes vor meinen Gartenzaun; der Baum war bereits von Insekten entrindet und als standdürres Exemplar fast trocken (20 Prozent Feuchte). „Mach' was draus“, war seine Empfehlung. Ich entschied ich mich für eine Kugel, obwohl ich heute immer noch nicht weiß, was ich mit ihr machen könnte. Denn Holzkugeln sind eigentlich überflüssig, es sei denn man ist wie Drechslermeister Klaus Reef Holzkugel-Einradfahrer.
Bislang habe ich die meisten Kugeln freihand gedrechselt. Diesmal nutzte ich eine Kugeldrehvorrichtung unseres Drechslerfreundes Manfred Kellerhans, eines hochtalentierten Metallers. (Achtung Werbeblock: Seine Vorrichtung ist nach meiner Erfahrung mit Abstand die beste auf dem Markt, präzise, stabil und einfach zu bedienen). Bevor ich den vielfach verwachsenen und verästelten Holzklotz mit der Vorrichtung zur Kugel schneiden konnte, habe ich den Rohlíng grob zwischen den Spitzen vorgeformt. Die Fotos erklären den Rest.
Am Ende habe ich gelernt: Vorrichtungen dieser Art sind nützlich, fördern aber nicht meinen Ehrgeiz, mit Augen und Händen eine Kugel ohne Ecken und Kanten zu schaffen. Die Schneiden der Vorrichtung berücksichtigen nicht die wechselnden Fasern des Holzes; die Oberflächegüte ist schlecht, weil nur an wenigen Stellen geschnitten wird. Wenn ich freihand arbeite, verändere ich fortwährend je nach Wuchsrichtung die Stellung der Röhre. Die Lehre lautet: Mit einer Vorrichtung muss ich anschließend stark abrasiv schleifen, notfalls mit oszillierenden Schleifkörpern (und riskiere dabei, die Kugel wieder zu verfälschen). Und schneller geht es auch nicht, allein wegen des Umspannens.
Bei der Abwägung von Kugeln freihand oder Kugeln mit Zwangsführung sollte immer beachtet werden, dass auch die perfekte Kugel sich je nach Wetterlage und klimatischem Standort zur nicht mehr perfekten Kugel verzaubert. Aber der Zauber bleibt in jedem Fall.
Noch etwas: Die Kugel hat einen Durchmesser von 315 Millimeter. Gewogen habe ich sie nicht.
Grüße von Peter Gwiasda