Bohren anders und neu konstruiert

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Mephy
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Bohren anders und neu konstruiert

Beitrag von Mephy »

Ich war jahrelang ein treuer Besitzer einer schweren 1 PS starken Tischbohrmaschine bei der ich die Drehzahlgeschwindigkeit mit umlegen von Keilriemen einstellen konnte. Schnell ein Loch bohren in was für ein Material und dazu die richtige Tourenzahl wählen ??? Ich gestehe ich war echt zu faul um immer über die Bohrmaschine zu klettern und das Gelege anzupassen! Also wurde generell alles mit einer Geschwindigkeit, aber meistens auch mit der falschen gebohrt. Was aber am meisten nervte war, dass es bei tiefer Tourenzahl wenn zum Beispiel ein Forstnerbohrer zum Einsatz kam, es an Drehmoment mangelte und die Keilriemen den Geschmack von verbranntem Gummi frei setzten. Die Alternative wäre eine Getriebebohrmaschine gewesen, doch dazu konnte ich mich nicht entscheiden. Also schaute ich mich um und frage mich:
Was gibt es mit genügend Kraft, mit variabler Geschwindigkeit ohne Keilriemen, mit genügendem Säulenabstand, mit grosser Bohrtiefe und das ganze noch zu einem «vernünftigen» Preis? Dabei wurde ich auf die Teknatool Voyager DVR aufmerksam die in der Papierform fast alle Kriterien wie die eierlegende Wollmilchsau erfüllte:

• Anschluss 1 phasig 230 V / 10 A
• Motorleistungsabgabe 2 PS
• Stufenlose Geschwindigkeitseinstellung ohne Keilriemen
• Drehzahl von 50 bis 5'000 U/min
• Rechts / Links Lauf
• Säulenabstand 22.8 cm
• Bohrtiefe / Spindelhub bis 15.2 cm
• Arbeitstischhöhe verstellbar von Spindel 155mm bis 724 mm und bis Fuss 1'220 mm

Dafür kam aber eine zusätzliche Raumanforderung, denn dies ist nicht mehr eine Tisch- sondern eine frei stehende Säulenbohrmaschine mit einer Höhe von 1.79 m / Breite 0.45 m 7 Tiefe 0.58 m und einem Gewicht von 140 kg.

Voraussetzung in der Werkstatt geschaffen, Maschine bestellt, in einwandfreiem Zustand geliefert und in 30 Minuten ausgepackt und montiert!
DVR 1.jpeg
Der erste Eindruck massiv, stabil in normal zu erwartender Qualität geliefert und mit leichtem Öl-Fett-Film zum Korrosionsschutz überzogen. Der einzige (wenn) Mangel war das mitgelieferte Schlüsselbohrfutter, für das ich bereits schon ein besseres Schnellspannbohrfutter als Ersatz beschafft hatte. Das MK II Schnellspannbohrfutter eingesetzt, den Netzstecker eingesteckt, den Hauptschalter eingeschaltet und schon wurde ich optisch und akustisch in Deutscher Sprache begrüsst. Den ON Knopf gedrückt und es drehte sich.
DVR 2.jpeg
Aber erst jetzt kommt eigentlich das «Andere und das Neue». Eine Menuesteuerung die nur Lesen voraussetzt. Zuerst hat man die Wahl der Bohrart respektive des Bohrers,
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dann kommt die Frage nach der Materialart von «Weich / Mittel / Hart» und schon wählt die Maschine die richtige Tourenzahl. Alternativ hat die Maschine aber auch auf vier Funktionstaten voreingestellt die Geschwindigkeiten
F1=250 U/min // F2=900 U/min // F3=1'600 U/min // F3=3’000U/min
Weiter steht im Angebot, dass man die Bohrspitze auf das zu bohrende Werkstück elektronisch auf 0 setzen kann und man auch die Bohrtiefe auf den 0.1mm genau vorgegeben werden.
DVR 4.jpeg
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Auch das Ein- und Ausschalten kann auf die Spindelbetätigung programmiert respektive automatisiert werden, wen viele gleiche Löcher gebohrt werden müssen. Der Rechts/Links-Lauf ermöglicht auch das Gewindeschneiden, d.h. bei erreichter Gewindetiefe schraubt die Maschine automatisch retour. Was aber bei allen Bohr- oder Gewindeschneidevorgängen überzeugt ist die Motorensteuerung des Direktantriebes, der die Drehzahl konstant hält und die Kraft nach regelt. Hier wird die Technologie des von Teknatool bekannten DVR Drechselbank eingesetzt.
DVR 6.jpeg
Nun genug zu den Bohrinnovationen: Zuerst habe ich nachgemessen. Die Spindel Rundlaufgenauigkeit liegt bei 0.02mm, die Rundlaufgenauigkeit mit Bohrfutter und einer 10mm gehonten Welle lag bei mir bei 0.06mm. Ich wollte auch wissen halten die Angaben was sie versprechen. Ich nahm einen Forstnerbohrer mit d=90 mm, wählte den Forstnerbohrer aus, wählte das Material als mittel an (Weisstanne), setzte die Bohrspitze auf 0 und wählte die Bohrtiefe auf 17.5mm: Das Resultat bestätigte alle Einstellungen.
DVR 9.jpeg
Es gibt aber nebst dem Bohren noch eine weitere Verwendungsmöglichkeit die ebenfalls sehr interessant ist. Der Bohrtisch hat eine relativ grosse Öffnung von 62mm die durch eine Abdeckung zu gedeckt ist.
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Entfernt man diese kann man die Voyager mit einer Schleifspindelhülse bis zu d=60mm ausnutzen und hat eine Spindelschleifeinrichtung, die zwar nicht oszilliert aber für die meisten Spindelschleifarbeiten ausreichend ist.
DVR 8jpeg.jpeg
Es gibt aber auch ein paar Punkte die anders oder zusätzlich gelöst werden könnten:
• An Stelle des einfachen Schlüsselbohrfutters sollte ein qualitativ hochwertiges Schnellspannfutter mit geliefert werden.
• Der mechanische Tiefenanschlag funktioniert, könnte aber feiner und besser gelöst sein.
• Der Spannhebel für die Tischarretierung dürfte etwas länger sein.
• Eine Bohrtischbeleuchtung fehlt. Alternativ kann eine Magnetfussleuchte links am Bohrgehäuse angebracht werden. Welche das mangelnde Licht behebt.
• Bei solch einer Maschine würde ein Laserkreuz für die Zentrumsanzeige ein echter Nutzen sein.
• Der Bohrkopfmotor hat Entlüftungsschlitze auf der Oberseite. Gerade in einer Holz- respektive Drechselwerkstatt hat es relativ viel Staub in der Luft der sich von oben her absetzt. Es ist zu empfehlen bei Nichtgebrauch der DVR in einem staubigen Raum den Kopfteil abzudecken.
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Ich habe diesen kurzen Bericht ohne einen Bezug zur Hersteller- oder Vertriebsfirma zu haben zusammen gestellt und vertrete auch keine Werbe- oder Kommertionelles-Interesse. Er kann allen, die sich mit der selben Bohrproblematik auseinander setzen mit Informationen helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.

Gruss Mephy
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Re: Bohren anders und neu konstruiert

Beitrag von DirkM »

Hallo Mephy,

Schöner und aufwendiger Bericht !
Gut genacht.
Hab gerade mal den Preis gegoogelt!
Knapp 1.700 Euro ist schon ein Wort.
Gruß aus Brühl
Dirk
Zuletzt geändert von DirkM am Freitag 1. Mai 2020, 13:18, insgesamt 2-mal geändert.
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Faulenzer
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Re: Bohren anders und neu konstruiert

Beitrag von Faulenzer »

Hallo Daniel,

:danke: Für den ausführlichen Bericht.

Scheint für uns Holzwerker eine interessante Maschine zu sein.

Magst du noch was zum Preis sagen?
Gruß Frank

Halbbretonischer Wusel
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Mephy
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Re: Bohren anders und neu konstruiert

Beitrag von Mephy »

Zu Preisen etwas zu sagen ist relativ schwer, denn man sollte gleiches mit gleichem vergleichen und gleiches zu der Teknatool Voyager DVR gibt es nicht.
Interessant ist dass Teknatoll eine saubere Preispolitik international zeigt:
Der Preis in USA: 1'699 $
Der Preis in der EU 1'699 €
Als möglichen Vergleich habe ich ein paar Bohrmaschinen zusammen gestellt, die aber in Funktion und Leistung unterschiedlich sind:
Flott Tischbohrmaschine TB 13 Tischbohrmaschine mit nur zum Teil ähnlichen Funktionen 2497 €
Jet JDP-17-T Säulenbohrmaschine Varo-Riemenantrieb geringere Leistung und Anwendungsmöglichkeiten 890 €
Opti-Drill Säulenbohrmaschine D 26 Pro mit Riemengelege und weniger Leistung und Anwendungsmöglichkeiten 1'097 €
Opti-Drill Säulenbohrmaschine D 33 Pro mit Riemengelege und weniger Leistung und Anwendungsmöglichkeiten 1'200 €
Elmag Säulenbohrmaschine KBM 32 SN mit Riemengelege und weniger Leistung und Anwendungsmöglichkeiten 1'250 €
Epple Säulenbohrmaschine SB 32 mit Riemengelege und weniger Leistung und Anwendungsmöglichkeiten 1'080 €
Epple Säulenbohrmaschine SB 40 mit Riemengelege und weniger Leistung und Anwendungsmöglichkeiten 1'950 €
Promac 930ELB Säulenbohrmaschine mit Riemengelege und weniger Leistung und Anwendungsmöglichkeiten 2'330 €

Wenn man den Preis der Voyager in diesem Umfeld betrachtet kommt man zum Schluss, dass man sehr viel Leistung und sehr viele Funktionen zu einem angemessenen Preis erwirbt. Sie ist sicherlich kein "Geiz ist geil Produkt", aber sie ist ihren Preis wert.

Gruss Mephy
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Re: Bohren anders und neu konstruiert

Beitrag von Schubbi »

Spät, aber doch.
Sicher eine gute Maschine. Mir wäre sie aber mit etwas zu viel Elektronik bespickt. Wer braucht eine Menüführung für Bohrer oder Drehzahl?
Am meisten Skepsis meinerseits bringt die Folientastatur für Ein/Aus. Ich weiß aus der Praxis, dass solche Tastaturen bei oftmaliger Bedienung kaputtgehen. Was Dann ?
Nur weil der Einschaltknopf defekt ist, die Maschine wegwerfen? In einigen Jahren wird es keine Ersatzteile mehr geben, nehme ich mal an.
Also, für mich ein absolutes No-Go.
Ansonsten von den techn. Date her super
Viele Grüße, Schubbi
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